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30.10.25

Künstliche Intelligenz verändert die Hochschullehre tiefgreifend – auch dort, wo sie nicht selbst zum Lerngegenstand wird. Doch wie kann generative KI Lehrende sinnvoll unterstützen? Und welche hochschuldidaktischen Voraussetzungen braucht es dafür? Ein Blick auf das Programm des Sächsischen Hochschuldidaktik-Zertifikats zeigt: Die Integration von KI-Kompetenzen braucht ein didaktisches Fundament, klare Zielsetzungen und den Mut zur Reflexion.

Künstliche Intelligenz (KI) verändert nicht nur die Forschung und Lehre in den Fachwissenschaften grundlegend, sondern auch die Hochschuldidaktik selbst. Im Fokus der Überlegungen steht für uns als HDS dabei nicht die Frage, ob generative KI in der Lehre genutzt werden sollte, sondern wie sie Lehrende sinnvoll unterstützen kann, wenn sie nicht explizit Lerngegenstand ist – etwa als Werkzeug zur Planung und Durchführung von Lehre.

Was heißt in diesem Zusammenhang „sinnvoll“?
Wie in den Fachdisziplinen gilt auch für die Hochschuldidaktik, dass der gewinnbringende Einsatz generativer KI solide hochschuldidaktische Grundkenntnisse und erste Lehrkompetenzen voraussetzt. Wer generative KI ohne Wissen über Lernzielformulierung, Kompetenzorientierung, Constructive Alignment, Prüfungsgestaltung oder Rollenverständnisse in der Lehre einsetzt, läuft Gefahr, das Potenzial der Technologie nicht nur ungenutzt zu lassen, sondern die Qualität der Lehre zu gefährden.

Sinnvoll ist der Einsatz generativer KI also dann, wenn er Lehrende effizienter bei der Vorbereitung und Durchführung von Lehre macht, methodische Vielfalt fördert, die Individualisierung und Flexibilisierung von Lehre unterstützt, neue Impulse bringt – und nicht zuletzt zur Kompetenzentwicklung im Bereich KI aufseiten der Lehrenden beiträgt. 

Was bedeutet das für die Hochschuldidaktik (Sachsen)?
Für uns als HDS ergeben sich aus dem vorab beschriebenen Zielbild mehrere Fragestellungen: An welchen Stellen im Zertifikatsprogramm sollen bzw. können Lehrende gezielt Kompetenzen im Umgang mit KI entwickeln? Mit welchem inhaltlichen Fokus? Denn neben der didaktischen Perspektive gilt es immer auch die technischen, rechtlichen und ethischen Aspekte des KI-Einsatzes im Lehrkontext mit zu berücksichtigen. Und sollte KI als Thema explizit in eigenen Formaten adressiert werden oder als Querschnittsaspekt implizit in allen Angeboten eine Rolle spielen?  Oder, realistischer formuliert: Wie gelingt ein sinnvolles Verhältnis aus beidem – abgestimmt auf Zeitpunkt, Zielgruppe und inhaltlicher Tiefe?

Systematische Prüfung mit dem Lehrkompetenzmodell
Um uns diesen Fragen strukturiert anzunähern, haben wir das Lehrkompetenzmodell von Fleischmann et al. (2017) herangezogen, da dieses bereits zur Reflexion der Lehrkompetenz innerhalb des Zertifikatsprogramms genutzt wird und sich auf konkrete Handlungssituationen in der Lehre bezieht. Mit Blick auf unsere Ausgangsfrage, inwieweit der Einsatz generativer KI Lehrende sinnvoll in ihrer Lehrtätigkeit unterstützen kann, wenn sie nicht selbst Lehrinhalt ist, analysierten wir die insgesamt fünf Kompetenzdimensionen (Entwickeln, Organisieren, Umsetzen, Reflektieren, Wissen) zugeordneten Kompetenzen sowie deren Progressionsstufen (vgl. Abb.). Die Beurteilung erfolgte mit Hilfe von vier Antwortoptionen: „ja“ – „eher ja, mit Einschränkung“ – „eher nein, nicht voraussetzungsfrei“ – „nein“.

Ergänzend zum Lehrkompetenzmodell von Fleischmann et al. (2017) wurden in diese Überlegungen auch das AI competency framework for teachers und die Ergänzung des DigCompEDU Rahmenwerks als Referenzrahmen zu KI-Kompetenzen für pädagogische Fachkräfte einbezogen.
Unsere Ergebnisse führten zu einer ersten Ausdifferenzierung in der Bewertung der einzelnen Kompetenzdimensionen.

  1. Den größten Mehrwert bietet generative KI im Bereich „Entwickeln“ – etwa bei der Ideenfindung, Strukturierung oder methodischen Konzeption – sofern didaktisches Grundlagenwissen vorhanden ist.

  2. Im Bereich „Wissen“ kann KI begrenzt unterstützen – etwa beim ersten Erschließen neuer Themenfelder. Für eine tiefere inhaltliche Durchdringung ist der Einsatz generativer KI jedoch weniger geeignet – und kann unter Umständen sogar kontraproduktiv sein. So zeigt die MIT-Studie, dass der (alleinige) Einsatz generativer KI kognitive Trägheit („cognitive offloading“) fördern kann: Inhalte werden übernommen, ohne kritisch hinterfragt zu werden.

  3. In den Bereichen „Organisieren“, „Reflektieren“ und „Umsetzen“ ist der KI-Einsatz wenig sinnvoll, da hier vorrangig situative Handlungskontexte thematisiert werden und zentrale didaktische Entscheidungen nur begrenzt delegierbar sind.
     

Schlussfolgerungen für das Zertifikatsprogramm der HDS
Aus den Analyseergebnissen lassen sich nachfolgende Konsequenzen für die Konzeption des Zertifikatsprogramms der HDS ableiten.

Der Fokus des Basismoduls sollte weiterhin auf der Vermittlung hochschuldidaktischen Grundlagenwissens liegen. Dennoch ist zu prüfen, inwieweit der Einsatz generativer KI in der Lehre punktuell thematisiert werden kann, z. B. im Kontext von Fragen des Methoden- oder Medieneinsatzes.

Im Erweiterungsmodul, in dem es um die Vertiefung der zuvor erworbenen Grundlagen geht, sollten spezifische Angebote zur Entwicklung von KI-bezogenen Kompetenzen für die Lehre geschaffen werden. Über alle Handlungsfelder (z. B. Prüfen, Bewerten & Assessment, Vielfalt, Chancengleichheit & Internationales) hinweg sollten diese primär die didaktischen Einsatzmöglichkeiten von generativer KI in der Lehre sowie ethische Fragestellungen adressieren. Technische und juristische Apsekte spielen selbstverständlich stets eine Rolle (z. B. vorhandene Infrastruktur, prüfungsrechtliche Fragen) und sollten berücksichtigt werden, stehen aber nicht im Zentrum unserer hochschuldidaktischen Angebote.

Das Spezialisierungsmodul legt den Schwerpunkt auf die Konzeption und Durchführung eines konkreten lehrbezogenen Projekts, also die Anwendung des zuvor im Zertifikatsprogramm Gelernten sowie dessen Reflexion. Entsprechend sollte der (Nicht-)Einsatz generativer KI im Rahmen des Projekts insbesondere mit Blick auf die didaktischen Potenziale und Herausforderungen sowie ethische Implikationen kritisch reflektiert und begründet werden.


Fazit: KI-Kompetenz als Teil hochschuldidaktischer Professionalisierung
Der reflektierte Umgang mit generativer KI wird zunehmend Teil hochschuldidaktischer Professionalisierung. Für uns als HDS heißt das: Wir wollen Lehrende dabei unterstützen, das Potenzial generativer KI in der Lehre kritisch, fundiert und kreativ zu nutzen – auf Basis solider didaktischer Kompetenzen und im Sinne guter Lehre. Daher fließen die hier skizzierten Überlegungen aktuell in die Reform des sächsischen Hochschuldidaktik-Zertifikats ein und prägen die Weiterentwicklung bestehender und künftiger Angebote.

 

Zur Erstellung dieses Beitrages wurde generative KI (ChatGPT) verwendet. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Autor*innen.

 

Kontakt
Andreas Kasperski
Dr.in Anja Schulz

 

Autor:in

Andreas Kasperski & Dr.in Anja Schulz