Veröffentlichungen

30.08.24

Im Herbst 2023 hat ein engagiertes dreiköpfiges Team des Verbundprojekts D2C2 die erste umfassende Lehrendenbefragung in Sachsen durchgeführt. Der Ergebnisbericht ist nun veröffentlicht und bietet spannende Einblicke in die Ansichten von 1187 Lehrenden zur zukünftigen Ausgestaltung von Studium und Lehre. Welche unerwarteten Herausforderungen das Team auf diesem Weg bewältigen musste und welche wertvollen Erkenntnisse sie daraus gewonnen haben, zeigen die sechs zentralen Learnings, die sie aus ihrem Forschungsprozess mitnehmen.

Learning 1: Eine hochschulübergreifende Kooperation erfordert eine frühzeitige Planung und Einbindung aller Beteiligten. 

Alles begann als die Hochschuldidaktik Sachsen (HDS) und das Zentrum für Qualitätsanalyse (ZQA) der TU Dresden beschlossen, ein gemeinsames Projekt zur Befragung von Hochschullehrenden in ganz Sachsen zur Digitalität in der Lehre ins Leben zu rufen. Die D2C2-Mitarbeiter:innen Ella Lindauer (HDS), Katrin Rockenbauch (HDS) und Jonas Wifek (ZQA) übernahmen die Leitung dieses institutionsübergreifenden Vorhabens. Zunächst mussten sie dafür wichtige Absprachen mit den Hochschulleitungen, Didaktiker:innen und Mitarbeitenden der elf Verbundhochschulen treffen. Diese Herausforderung hätte ihrer Meinung nach jedoch früher angegangen werden müssen. „Die Vorbereitungen sollten Teil eines Projektplans sein und rechtzeitig vor der eigentlichen Umsetzung beginnen“, reflektiert Rockenbauch über den etwas holprigen Start des Projekts.


Learning 2: Die zukunftsorientierte Ausrichtung der Befragung ermöglichte es, die Bedarfe der Lehrenden für eine innovative Gestaltung von Studium und Lehre zu identifizieren.

Nachdem die notwendigen Vorbereitungen an den Verbundhochschulen abgeschlossen waren, konnte das Team mit der Entwicklung des Fragebogens beginnen. Anders als bei früheren Befragungen, die sich auf den aktuellen Stand der Lehre an einzelnen Hochschulen konzentrierten, wollten Lindauer, Rockenbauch und Wifek mit ihrer Erhebung einen Blick in die Zukunft werfen. Basierend auf Empfehlungen aus den Papieren des Wissenschaftsrates „Empfehlungen für eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre” (2022) und „Empfehlungen zur Digitalisierung in Lehre und Studium” (2022) entwickelten die drei einen Fragebogen, der die Einstellungen der Lehrenden zu anstehenden Veränderungen in der Hochschullehre erforschen sollte. „Wir wollten wissen, wie stehen die Lehrenden eigentlich dazu. Denn sie sind diejenigen, die die Innovationen später umsetzen sollen“, erklärt Wifek den ungewöhnlichen, aber lohnenswerten Ansatz.  


Learning 3: Die organisatorischen Aspekte um die Erhebung herum erforderten einen enormen Zeitaufwand. Dafür sollten von Anfang an ausreichend Zeit und Ressourcen eingeplant werden. 

Eine besonders lehrreiche Erfahrung für das Team war die Vielzahl an logistischen und strukturellen Herausforderungen, die es im Laufe des Prozesses zu überwinden galt. „Der Kommunikationsaufwand war enorm. Das habe ich unterschätzt“, erinnert sich Lindauer, für die die Lehrendenbefragung nur eine von mehreren Aufgaben im Verbundprojekt D2C2 war. Bis der Fragebogen veröffentlicht werden konnte, mussten u. a. Kommunikationswege etabliert, Datenschutzfragen geklärt, E-Mail-Verteiler aufgebaut und eine englische Übersetzung angefertigt werden. Rückblickend - da ist sich das Team einig - sei ein Jahr wenig Zeit für ein so großes Projekt. 


Learning 4: Ein breites Feedback von unterschiedlichen Akteur*innen der Hochschullandschaft war essentiell für die Optimierung des Fragebogens. 

Bevor die Befragung online ging, ließ das Team den Fragebogen von Personen aus unterschiedlichen Statusgruppen, Hochschultypen und Fachbereichen in ganz Sachsen prüfen. Durch den Einbezug verschiedener Perspektiven sollte sichergestellt werden, dass möglichst viele Parteien den Fragebogen sinnvoll ausfüllen können. Das breite Feedback durch ein sogenanntes Sounding Board hat sich aus Sicht des Teams sehr gelohnt. Allerdings hätten sie mehr Zeit für eine zweite Feedbackschleife gebraucht, um offene Fragen zu klären. „Das würde ich nächstes mal anders machen“, reflektiert Wifek. 


Learning 5: Ohne gute Teamarbeit und die Unterstützung der Kolleg*innen wäre die Umsetzung des Projekts nicht möglich gewesen.  

Kurz vor und nach der Veröffentlichung des Fragebogens standen das Team und die Mitarbeiter*innen an den Verbundhochschulen vor zwei besonders großen Herausforderungen: Zunächst mussten die Mitarbeitenden an den Hochschulen den Fragebogen an möglichst viele Lehrende per E-Mail verteilen. Danach mussten die Daten von über tausend Teilnehmenden ausgewertet, interpretiert und die Ergebnisse verschriftlicht werden. Die Unterstützung von Hilfskräften und Kolleg*innen vor Ort und an den Verbundhochschulen war dabei unverzichtbar. Letztendlich, so betonen die drei, war das Projekt nur umsetzbar dank guter Zusammenarbeit, gegenseitiger Unterstützung und ausreichend Durchhaltevermögen: „Forschungsarbeit ist dann doch Teamarbeit. Allein kann man sowas gar nicht machen“.

 

Learning 6: Der Transfer der Ergebnisse an die Hochschulen und die Umsetzung von Handlungsempfehlungen sollten von Anfang an mitgedacht werden.

Nach über einem Jahr intensiver Arbeit können Lindauer, Rockenbauch und Wifek endlich aufatmen: Die Ergebnisse der Befragung wurden veröffentlicht und eine Executive Summary bietet Hochschulangehörigen, Politiker*innen und Hochschuldidaktiker*innen wertvolle Handlungsempfehlungen hinsichtlich Potenzialen und Herausforderungen innovativer Lehrentwicklung. Nun bleibt zu hoffen, dass Entscheidungsträger*innen, aber auch Lehrende und Studierende, die gewonnen Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Hochschullehre nutzen werden. Nur dann, so Rockenbauch, könne die Befragung ihr partizipatives Potenzial entfalten: „Letztendlich geht es dabei um Demokratie: eine Befragung als niedrigschwelliges Partizipationsformat. Um zu funktionieren, muss es aber ernst genommen werden. Das wäre mein Wunsch für die Zukunft.“.


Lindauer, Rockenbauch und Wifek sind zufrieden, dass die Befragung zu verwertbaren Ergebnissen geführt hat und eine gute Grundlage für weitere Erhebungen geschaffen wurde. Seitens der Hochschuldidaktik Sachsen und des Zentrums für Qualitätsanalyse besteht großes Interesse auch in Zukunft landesweite Lehrendenbefragungen durchzuführen. Ziel wäre es, diese mit den regelmäßig durchgeführten Studierendenbefragungen des ZQA abzustimmen, um beide Zielgruppen gleichzeitig und datenbasiert in den Blick nehmen zu können.
Der vollständige Ergebnisbericht zur ersten sächsischen Lehrendenbefragung steht hier zum Download zur Verfügung.
 

Autor:in

Agnes Berbée

d2c2-lehrendenbefragung@hd-sachsen.de