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21.07.23

Wie gestaltet sich die Prüfungskultur an sächsischen Hochschulen? Was sind aktuelle Themen und Bedarfe? Welche Wege sollen in Zukunft beschritten werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe des Verbundprojekts "D2C2 – Digitalisierung in Disziplinen partizipativ umsetzen :: Competencies Connected“.

Im Rahmen einer Delphi-Befragung wurden dazu verschiedene Akteur:innen sächsischer Hochschulen und der Berufsakademie Sachsen befragt, die an der rechtlichen, didaktischen, technischen und organisatorischen Gestaltung von Prüfungen beteiligt sind. Die von August bis November 2022 durchgeführte Erhebung hat vor allem eines deutlich gemacht: ob digital oder nicht, Prüfungen sind ein Thema, das viele Spannungsfelder eröffnet. Von rechtlichen Bedingungen über infrastrukturelle Ausstattung und technischen Support bis hin zu Diversitätssensibilität oder Kompetenzorientierung – Prüfungen sind nicht unabhängig von der grundsätzlichen Ausrichtung der gesamten Hochschullehre zu denken.
 


Prüfungspraxis aus unterschiedlichen Perspektiven

Im „Digital Turning Point: Digitales Prüfen“ ging es zunächst darum, aktuelle Herausforderungen in Bezug auf das Thema Prüfen zu identifizieren und klar zu umreißen. Hierfür wurden im Rahmen einer Delphi-Studie die Personen befragt, die auf verschiedenen Ebenen mit Prüfungen an Hochschulen zu tun haben: Prorektor:innen, Dekan:innen, Studiendekan:innen, Institutsleiter:innen, Professor:innen, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, Justitiar:innen, Prüfungsausschüsse, Verwaltungsangestellte, technische Angestellte, Studierendenvertretungen und Fachschaftsräte. Das weite Themenfeld der Prüfungspraxis seit Ausbruch der Covid 19-Pandemie wurde damit aus unterschiedlichen Perspektiven umfassend beleuchtet: von der didaktischen Konzeption über die rechtlichen Rahmenbedingungen bis hin zu organisatorischen Gegebenheiten und Bedarfen sowie der technischen Ausstattung zur Durchführung.

Wo finden sich Spannungsfelder?

Die Ergebnisse der Befragung haben eindrücklich gezeigt wie komplex sich das Feld des digitalen Prüfens gestaltet. Standort- und fachspezifische Gegebenheiten führen dazu, dass sich teilweise konträr gegenüberstehende Aussagen ergaben. Zum Beispiel ist die technische Infrastruktur an den verschiedenen Hochschulen unterschiedlich ausgebaut, wodurch sich differente Bedarfe ergeben. Weiterhin gibt es verschiedene Verständnisse hinsichtlich der didaktischen Gestaltung von kompetenzorientierten Prüfungen in verschiedenen Fächern und damit auch eine unterschiedliche Einschätzung darüber, inwiefern konkrete Prüfungsszenarien digital möglich sind. Darüber hinaus gibt es aber auch Aspekte der Prüfungsorganisation und Planung, die Befragte ähnlich einschätzen. So wird der Austausch unter den verschiedenen Akteur:innen als enorm wichtig herausgestellt. Diesbezüglich zeigte sich, dass dieser an vielen Stellen noch ausgebaut werden muss, um die heterogenen Herausforderungen gemeinsam mit allen Beteiligten meistern zu können. Diese sehen sich auch weiterhin mit Unsicherheiten bezüglich rechtlicher Bedingungen und Vorgaben, die in den ersten Jahren der Pandemie auftauchten, konfrontiert. Unter den Bedingungen des Lehrens und Lernens während der Pandemie wurden somit Grundsatzfragen aufgeworfen, die den Weg in Richtung zeitgemäße Hochschullehre weisen können. 
Die Ergebnisse der Delphi-Befragung lassen sich in Form von mehreren Spannungsfeldern darstellen, die unterschiedliche Aspekte des digitalen Prüfens beinhalten: An welchen Stellen müssen rechtliche Bestimmungen angepasst werden? Wie sieht eine "neue" Prüfungskultur aus, die die Veränderungen und Ansätze innovativer Prüfungsformen aus der Pandemie-Zeit aufgreift? Welche Kompetenzen sollten fächer- und standortübergreifend gedacht werden? Wie sähe eine Prüfung aus, in deren Konzeption und Durchführung Studierende nicht nur als Prüflinge partizipieren?
Mit den aus den Spannungsfeldern gezogenen Schlussfolgerungen haben sich die Studienteilnehmer:innen im letzten Teil der mehrstufigen Befragung auseinandergesetzt. Die Auswertung zeigt, dass einige Schlussfolgerungen auf große Zustimmung treffen: Einigkeit herrschte darüber, dass Infrastrukturen für die Konzeption und Umsetzung von verschiedenen Prüfungsformaten gegeben sein müssen. Zudem sollten Kriterien für digitale Tools in der Hochschullehre formuliert und eingehalten werden und für Lehrende sollten hochschuldidaktische Weiterbildungen mit dem Fokus auf Prüfungsdidaktik implementiert werden. Ein diverseres Stimmungsbild zeigte sich bezüglich der Aussagen, dass Notfallregelungen in zeitgemäße, nachhaltige Strukturen überführt werden müssen, für eine zeitgemäße Prüfungspraxis eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Studierenden notwendig ist und innerhalb der Prüfungspraxis vermehrt auf den Abbau von Barrieren und die Forcierung der Chancengleichheit geachtet werden sollte.Einen detaillierten Einblick in die Ergebnisse der Befragung mit allen Spannungsfeldern und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen erhalten Sie hier.

Save the date

Die identifizierten Veränderungsprozesse werden außerdem durch kurze Informationsveranstaltungen zu den festgestellten Bedarfen begleitet. Den Auftakt gestaltet die Juristin Prof. Dr. Escher-Weingart der Universität Hohenheim. Unter dem Titel „Zwischen Rechtssicherheit und Lehrfreiheit: Begriffliche Klarheit als Voraussetzung für digitales, kompetenzorientiertes Prüfen“ widmen wir uns in der digitalen Veranstaltung nicht nur wichtigen Grundbegriffen des Prüfungsrechts, sondern profitieren auch von ihrer langjährigen Erfahrung in der Prüfungskommission und erhalten einen Einblick in die Möglichkeiten der Entwicklung von Strukturen für eine zeitgemäße Hochschullehre. 

Wann?    
19.09.2023 - 13:00 – 14.30 Uhr 
Wo?        

https://www.hd-sachsen.de/projekte/d2c2/digital-turning-points#c3366


Kontakt

Marie-Theres Lewe, Projekt D2C2 

Hochschuldidaktik Sachsen (HDS), Universität Leipzig
E-Mail: marie-theres.lewe@hd-sachsen.de

 

Tobias Weber, Projekt D2C2

Center for Open Digital Innovation and Participation (CODIP), Technische Universität Dresden
E-Mail: tobias.weber@hd-sachsen.de

Autor:in

Marie-Theres Lewe & Tobias Weber